Kurze Inhaltsübersicht: |
1. Gesetzliche Grundlage |
2. Chronologie |
3. Untätigkeitsklage und PKH-Antrag |
5. Zinsen nach § 44 SGB I |
6. Urteile zum Thema: Wertersatz |
7. Infos zum Thema: Wertersatz |
8. Presseberichte zum Thema: Wertersatz |
9. Forenbeiträge zum Thema: Wertersatz |
Kurze Einleitung
Hartz-IV-Empfänger, die rechtswidrig als Ein-Euro-Jobber eingesetzt werden, können für die geleistete Arbeit den ortsüblichen Lohn verlangen. Solche "rechtsgrundlos erbrachte Tätigkeit bei 1-Euro-Jobs" ist nach den Berichten des Bundesrechnungshof keine Ausnahme, sondern eher die Regel. "Nach wie vor nutzen öffentliche Stellen, insbesondere Kommunen und soziale Einrichtungen Arbeitsgelegenheiten dazu, ihre Pflichtaufgaben zu erfüllen und die dafür notwendigen Einrichtungen zu pflegen und zu unterhalten. Die Tätigkeiten der zugewiesenen Hilfebedürftigen unterschieden sich oft nicht oder nur unwesentlich von den Aufgaben des Stammpersonals der Maßnahmeträger. Meist dienten die Arbeiten dazu, Stammpersonal zu entlasten oder zu ergänzen. Eine eindeutige Abgrenzung von den Pflichtaufgaben oder solchen Arbeiten, ohne die die Maßnahmeträger ihren Geschäftsbetrieb nicht aufrecht erhalten konnten, verlangten die Grundsicherungsstellen nicht." BRH Um die Mitnahmeeffekte zu vermeiden, müsse der Aufwandsersatz an die Maßnahmeträger ersatzlos entfallen, urteilten die Prüfer. Der Ansatz war lukrativ, die Arbeitskräfte umsonst und die Gegenleistung minimal. Am 27.06.2017 erlies die ARGE Märkischer Kreis einen Bewilligungsbescheid über 374.961,60 € für den Ev. Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg für die Einrichtung von 130 Zusatzjobs für den Zeitraum vom 01.07.2007 bis zum 30.06.2008. Jede einzelne Stelle wurde mit einer monatlichen Maßnahmekostenpauschale je Teilnahmeplatz in Höhe von 240,36 Euro (ohne Mehraufwandsentschädigung) vergütet . . . Anders als bei legalen Arbeitsgelegenheiten nach § 16 SGB II, müssen zur Wertersatzbestimmung auch die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, sowie die ortsübliche Zuschläge ermittelt werden. Darüber hinaus haben auch Krankenkassen einen rechtlichen Anspruch gegen die Jobcenter auf höhere Leistungen. Wie das vorliegend dokumentierte Verfahren zeigt, gilt möglicherweise auch hier eine Verjährungsfrist von 4 Jahren zu beachten . . . Bayerisches Landessozialgericht, 19.03.2014, L 16 AS 613/13 |
![]() Sozialgesetzbuch (SGB II) Zweites Buch Grundsicherung für Arbeitsuchende Stand: Neugefasst durch Bek. v. 13.5.2011 I 850, 2094; zuletzt geändert Art. 2 G v. 22.12.2014 I 2411 § 16d SGB II Arbeitsgelegenheiten (1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte können zur Erhaltung oder Wiedererlangung ihrer Beschäftigungsfähigkeit, die für eine Eingliederung in Arbeit erforderlich ist, in Arbeitsgelegenheiten zugewiesen werden, wenn die darin verrichteten Arbeiten zusätzlich sind, im öffentlichen Interesse liegen und wettbewerbsneutral sind. § 18d Satz 2 findet Anwendung. (2) Arbeiten sind zusätzlich, wenn sie ohne die Förderung nicht, nicht in diesem Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt würden. Arbeiten, die auf Grund einer rechtlichen Verpflichtung durchzuführen sind oder die üblicherweise von juristischen Personen des öffentlichen Rechts durchgeführt werden, sind nur förderungsfähig, wenn sie ohne die Förderung voraussichtlich erst nach zwei Jahren durchgeführt würden. Ausgenommen sind Arbeiten zur Bewältigung von Naturkatastrophen und sonstigen außergewöhnlichen Ereignissen. (3) Arbeiten liegen im öffentlichen Interesse, wenn das Arbeitsergebnis der Allgemeinheit dient. Arbeiten, deren Ergebnis überwiegend erwerbswirtschaftlichen Interessen oder den Interessen eines begrenzten Personenkreises dient, liegen nicht im öffentlichen Interesse. Das Vorliegen des öffentlichen Interesses wird nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass das Arbeitsergebnis auch den in der Maßnahme beschäftigten Leistungsberechtigten zugute kommt, wenn sichergestellt ist, dass die Arbeiten nicht zu einer Bereicherung Einzelner führen. (4) Arbeiten sind wettbewerbsneutral, wenn durch sie eine Beeinträchtigung der Wirtschaft infolge der Förderung nicht zu befürchten ist und Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weder verdrängt noch in ihrer Entstehung verhindert wird. (5) Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach diesem Buch, mit denen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unmittelbar unterstützt werden kann, haben Vorrang gegenüber der Zuweisung in Arbeitsgelegenheiten. (6) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte dürfen innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nicht länger als insgesamt 24 Monate in Arbeitsgelegenheiten zugewiesen werden. Der Zeitraum beginnt mit Eintritt in die erste Arbeitsgelegenheit. (7) Den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist während einer Arbeitsgelegenheit zuzüglich zum Arbeitslosengeld II von der Agentur für Arbeit eine angemessene Entschädigung für Mehraufwendungen zu zahlen. Die Arbeiten begründen kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts und auch kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Vierten Buches; die Vorschriften über den Arbeitsschutz und das Bundesurlaubsgesetz mit Ausnahme der Regelungen über das Urlaubsentgelt sind entsprechend anzuwenden. Für Schäden bei der Ausübung ihrer Tätigkeit haften die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. (8) Auf Antrag werden die unmittelbar im Zusammenhang mit der Verrichtung von Arbeiten nach Absatz 1 erforderlichen Kosten, einschließlich der Kosten, die bei besonderem Anleitungsbedarf für das erforderliche Betreuungspersonal entstehen, erstattet. |
![]() Chronologie Die Durchführung der rechtswidrig durchgeführten Arbeitsgelegenheit (AGH) fiel in die Zeit vom 03.09.2007 bis 02.03.2008 Nach Kenntnisnahme der Entscheidungen des BSG wurde am 20.02.2012 eine Klage auf Wertersatz eingerecht. 2012-02-20 Wertersatzklage 2012-02-29 Eingangsbestätigung unter dem Aktenzeichen S 28 AS 710/12 2012-03-11 Antrag auf Kopien, IFG-Anfrage 2012-05-31 Das Jobcenter leugnet den Vermögensvorteil für den Träger und behauptet die Zusätzlichkeit 2012-06-04 Stellungnahme gefordert 2012-07-16 Sachstand nachgefragt 2012-07-26 erweiterter Klagevortrag 2012-07-27 Klageerweiterung, drei BSG-Urteile, ILO-Abkommen 2012-09-10 Kammerwechsel - neues Aktenzeichen: S 40 AS 710/12 2012-09-24 Vollmacht angefordert 2012-11-17 Mit heutigem Schreiben wurde PKH-Bewilligung und Beiordnung beantragt. Gleichzeitig wurde die Anzeige gegen den Werkhof zur Kenntnis gegeben als Beispiel rechtswidrigerer AGHs im MK. 2012-12-10 SG Do: Tariflohn nachgefragt 2012-12-31 Ω (U-Kl) - Untätigkeitsklage und PKH-Antrag zum Antrag auf Übersendung der Vertragsunterlagen vom 11.03.2012 2012-12-31 Mit der Klageerweiterung wird versucht eine Lohnermittlung vorzuschlagen und die Rechtswidrigkeit weiter zu begründen. 2012-12-27 Ω (U-Kl) - Der Beklagte merkt nichts. Er kann "keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunke" erkennen. 2013-01-13
2013-02-05 Ω (U-Kl) - Der Beklagte behauptet die Zuständigkeit der Untätigkeitsklage liege beim Verwaltungsgericht. 2013-02-17 Ω (U-Kl) - Die Zuständigkeit des Sozialgerichts wird dargelegt. 2013-03-19 Ω (U-Kl) -
2015-04-30 Erörterungstermin
2015-06-10 Als die Rückfrage in der Widerspruchstelle keine brauchbaren Hinweise auf das Auszahlungsdatum lieferten,
2015-07-20 Erst am 20.07.2015 wurden die vollstreckbare Ausfertigungen des Sitzungsprotokolls
![]() Und dann sind da noch die Zinsen gem § 44 SGB X § 44 SGB I Verzinsung (1) Ansprüche auf Geldleistungen sind nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. (2) Die Verzinsung beginnt frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger, beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung. (3) 1Verzinst werden volle Euro-Beträge. 2Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen. (Anmerkung " Die Zinspflicht soll Nachteile ausgleichen, die bei verspätetet gezahlten existenzsichernden Sozialleistungen entstehen.") Der Anspruch auf Verzinsung des Nachzahlungsbetrages entsteht automatisch, wenn der Leistungsträger Ansprüche verspätet auszahlt, z.B. nach erfolgreichen Klagen. Eines eigenen Antrags bedarf es nicht. Verweigert das Jobcenter wie im vorliegenden Fall die Belehrung über sie Zinsansprüche, oder auch nur die Belehrung über die Rechtsansprüche liegt strafrechtlich wohl ein Fall von "Sozialleistungsbetrug durch Unterlassung" vor. 17.07.2020
05.08.2021 Klage wegen Untätigkeit S 35 AS 3420/20
12.08.2021 Eingangsbestätigung S 35 AS 3420/20
25.08.2021
31.08.2020 Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 25 .08.2020
31.08.2020
02.09.2020 Widerspruchsverfahren W 2084/20
09.01.2023 .
09.01.2023
16.01.2023 Erörterungstermin
21.03.2023 weitergehende Stellungnahme (4 S.)
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![]() Urteile zum Thema: Wertersatzklagen bei rechtswidrigen Arbeitsgelegenheiten Landessozialgericht Hamburg, 29.04.2021 L 4 AS 177/17 .
Sozialgericht Osnabrück, 28.06.2016 S 31 AS 440/12 .
Bayerisches LSG, 19.03.2014, L 16 AS 613/13 .
BSG, 22.08.2013, B 14 AS 75/12 R .
LSG Niedersachsen-Bremen, L 15 AS 88/10, 05.09.2012 SG Bremen, 23.02.2010, S 26 AS 1196/09 . BSG, 21.12.2012, B 4 AS 32/12 BH . LSG NRW, 2012-03-26, L 19 AS 708/10 . SG Köln, 31.03.2010, S 17 AS 268/08 BSG , 2011-08-27, B 4 AS 1/10 R . ., Vorinstanz: LSG Stuttgart, L 12 AS 264/09
BSG, 13.04.2011, B 14 AS 98/10 R . Vorinstanz: LSG Stuttgart, L 13 AS 419/07
BSG, 13.04.2011, B 14 AS 101/10 R . Vorinstanz: SG Oldenburg, S 45 AS 1461/08
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![]() Infos zum Thema: Wertersatzklagen bei rechtswidrigen Arbeitsgelegenheiten 2016-07-20 www.Grundsicherungs-Handbuch.de Arbeitsgelegenheiten .
2011-11-16 Muster: TARIFKLAGE Anonym (Version-2) . Vertragsunterlagen der BA zu AGHs (50 S.) 2013-11-01 Bundesagentur für Arbeit, Zentrale PEG12, II - 1223, November 2013
2010-08-03 Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende BGBl. I S. 1112 . IFG006 Berichte des Bundesrechnungshofes und Vertragsunterlagen zu AGHs Klage029 Presseberichte Klage029 Infos 1930 Übereinkommen 29 ILO-Übereinkommen über Zwangs- oder Pflichtarbeit . |
![]() Presseberichte zum Thema: Wertersatz 2015-06-24 Zoll startete Großrazzia im Sozialwarenkaufhaus Unna gegen als 1-Euro-Jobber getarnte Schwarzarbeiter . 2015-06-20 Erfolgreiche Wertersatzklage für rechtswidrigen Ein-Euro-Job gegen das Jobcenter MK . 2015-05-01 Erfolgreiche Wertersatzklage für rechtswidrigen Ein-Euro-Job gegen das Jobcenter MK . 2015-02-13 ? . 2013-08-23 Auch nachträglich mehr Geld bei unzulässigen Ein-Euro-Jobs . |
![]() Forenbeiträge zum Thema: Wertersatzklagen bei rechtswidrigen Arbeitsgelegenheiten 2014-05-01 diesen-burgern-steht-allen-der-tariflohn-zu 2011-08-16 Erstattungsanspruch bei Ein-Euro-Job - B 4 AS 1/10 R |
Fazit: Das Jobcenter Märkischer Kreis verursachte durch das hartnäckig uneinsichtige Verhalten der Widerspruchstelle Folgekosten in Höhe von mehreren Einhundert € für die Steuerzahler.
Hier wird deutlich, warum die Kosten für Hartz IV tatsächlich explodieren. |